Chaotisch, uneinheitlich - Digitaler Distanzunterricht als Glücksspiel

(Illustration: Hans Braxmeier/pixabay)

Zum Vergleich zunächst noch einmal die offizielle Regelung - hier von NRW:

Von 14. bis18. Dezember 2020 gilt: Die Schulen bleiben geöffnet, die Präsenzpflicht ist aufgehoben, die Schulpflicht besteht weiterhin und der Unterricht findet bis einschließlich Freitag, den 18. Dezember 2020 statt. Für die Klassen 1-7 ist den Eltern die Entscheidung über die Teilnahme ihrer Kinder am Präsenzunterricht in den Schulen freigestellt.

Ab Klasse 8 erfolgt der Unterricht grundsätzlich in Distanz. Schülerinnen und Schüler mit besonderem Unterstützungsbedarf werden auch in den Jahrgangsstufen 8 und darüber ein Angebot für den Unterricht in Präsenz in den Förderschulen erhalten.

Die offizielle Version enthielt viele Unverbindlichkeiten. Lediglich die Freiwilligkeit klar. Dies bedeutete in der Praxis jedoch weder, dass die Schulpflicht aufgehoben, noch dass der Regelbetrieb einzustellen war. Das Chaos in NRW während der letzten Schultage in diesem Jahr war somit vorgezeichnet. Aber auch in anderen Bundesländern, die angekündigt hatten, konsequent Kontakte reduzieren zu wollen, und genauso schwammige "Regelungen" im Vorfeld abgegeben hatten, ergab sich offenbar eine ähnliche Situation.

In einigen Schulen saßen ganze Klassenstärken zusammen. Dort gab es faktisch normalen Regelbetrieb. Während in anderen es nur einzelne Schülerinnen und Schüler waren, die den Weg in die Schule suchten. In einigen Schulen waren die meisten Kinder und Jugendlichen im Fernunterricht, in anderen fand kaum Fernunterricht statt. Offensichtlich ist der Appell in sehr vielen Fällen verhallt, die Kinder möglichst nicht zur Schule zu schicken. Die Aufhebung der Präsenzpflicht zielte jedoch genau darauf, sich möglichst solidarisch zu zeigen und die Kontakte maximal zu reduzieren. Offenbar nicht jeder konnte dem folgen. Doch das Gesamtbild quer durch verschiedene Bundesländer führt zur Frage, ob wirklich alle den Appell verstehen und danach handeln wollten. Wenn in den Jahrgängen der verschiedenen weiterführenden Schulformen ganze Klassenverbände anwesend waren, auf den Schulfluren von vier Unterrichtsräumen drei voll besetzt waren, ist es schwer vorstellbar, dass tatsächlich alle den Appell nicht beherzigen konnten.

Damit war in der vergangenen Woche ebenfalls die Situation beim digitalen Distanzunterricht uneinheitlich und verworren. Es wird immer sichtbarer, wie ungleich die Chancen der Schülerinnen und Schüler verteilt sind, wenn die Verantwortlichen keine klaren Signale pro digitalen Unterricht geben, sondern versuchen, sich mit einem „Sowohl-als auch“ aus der Verantwortung zu stehlen. Nachvollziehbare, wirksame Strukturen und ein sichtbares Verständnis dafür, wie nötig die einheitliche, konstruktive und konsequente Heranführung von Schulen an die digitale Lehre generell – besonders aber bei der aktuellen Corona-Lage – ist, bleiben auch weiterhin im Dunkeln.

Damit waren auch die Arbeitsbedingungen der Lehrerinnen und Lehrer verworren, uneinheitlich und damit äußerst belastend. Offenkundig treibt viele von ihnen die sorgenvolle Frage um, was nach den Weihnachtsferien kommt. Denn es wurde bereits von mehreren Schul- und Kultusministerien angekündigt, danach schnellstmöglich in den regelhaften Präsenzbetrieb zurückzukehren. Hingegen sprechen immer mehr Studien dafür, dass es im Interesse sinkender Infektionen besser sei, sich in der Pandemie stärker dem digitalen Distanzunterricht zuzuwenden.