- Digitale Kompetenz - Diagnose: nicht ausbildungsfähig!
(Illustration: Gerd Altmann/pixabay) |
Dass
es nicht reicht, einen Beauftragten für die Schulplattform zu ernennen
und Endgeräte in ausreichender Zahl bereitzustellen, damit der
flächendeckende Aufbruch in die Digitalisierung an deutschen Schulen
gelingen kann, ist nachvollziehbar. Deshalb werde ich mich in den
nächsten Artikeln mit den Voraussetzungen für eine erfolgreiche
Digitalisierung beschäftigen. Im ersten Teil geht es um die Seite der
Schülerinnen und Schüler.
Anschlussfähigkeit an das (Erwerbs)Leben
Die
"Digitalisierung" von Schulen ist kein Selbstzweck. Auch abseits von
coronabedingten Schul-Lockdowns ist sie nötig, um den Nachwuchs
anschlussfähig für das Erwerbsleben zu halten. So steckt die
Volkswirtschaft seit den 90er Jahren bereits im dritten digitalen
Umbruch. Früher waren Lesen, Schreiben und Rechnen die Kernkompetenzen,
damit Schulabsolventen den Anschluss an das Leben und damit an die
Erwerbstätigkeit fanden. Schule vermittelte diese Kompetenzen
selbstverständlich. Es war sozusagen ihr Kerngeschäft.
Doch
als ob nichts geschehen wäre, halten Schulen immer noch an veralteten
Unterrichts- und Lernformen fest. Stattdessen wurde am äußeren
Erscheinungsbild herumgedoktert, mit neuen pädagogische Konzepten, die
zwar gut gemeint, aber offensichtlich nicht zielführend sind. Die
zentralen Veränderungen in der Volkswirtschaft werden nicht aufgenommen.
Man bleibt sozusagen unter sich.
Sogar
der Schulleiter eines Gymnasiums im benachbarten Ort lehnte in der
coronabedingten Fernunterrichtsphase im letzten Schuljahr das digitale
Lernen ab. Es gibt also auch ein personelles Problem, auf das ich an
anderer Stelle eingehen werden.
Übergreifende Fähigkeiten - kein Kleinklein
Wir
können uns bei der Digitalisierung von Lernen und Unterrichtsgeschehen
in den kleinteiligen Strukturen aus Sachkompetenz, Methodenkompetenz,
Urteilskompetenz und Handlungskompetenz verlieren, um das abzubilden,
was Schülerinnen und Schüler für ein erfolgreiches und verantwortliches
eLearning brauchen.
Allein
- dies hilft nicht weiter. Denn die Digitalisierung setzt den Blick auf
allumfassende Fähigkeiten voraus, in denen die oben genannten lediglich
als Teilmengen vorkommen. Diese übergreifenden Eigenschaften sind
bestimmte Schlüssel- bzw. Kernkompetenzen, namentlich die Fähigkeiten
zur Problemlösung sowie zum strukturierten Denken und Handeln.
In
diesen Kategorien vereinen sich Teilkompetenzen aus dem didaktischen
Katalog erst zu dem, was zum Anschluss an den Erwerbsmarkt unabdingbar
ist. Generationen von Schulabsolventen - egal welchen Abschlusses - sind
geübt im Bedienen von Smartphones und Spielekonsolen. Sie gehen mit
Social Media zu Freizeitzwecken selbstverständlich um und surfen im
Internet, um die coolsten Klamotten oder Songs zu finden.
Fehlgegangene Ressourcen
Das
sind Ressourcen, an die man grundsätzlich anknüpfen kann. Doch sobald
man vom Nachwuchs erwartet, sich strukturiert mit dem Internet zur Lösung
einer konkreten Aufgaben auseinanderzusetzen ... in vielen Fällen
Fehlanzeige! Naja, zum Abschreiben fremden geistigen Eigentums reicht es
allerdings oftmals noch.
Natürlich
gibt es die guten Beispiele. Aber die sind angesichts der rasanten
Geschwindigkeit der Veränderung des Erwerbslebens, die durch die
coronabedingten Umbrüche zusätzlich befeuert werden, viel zu wenige. Die
Welt nach Corona wird ganz sicher eine andere sein als vorher.
Ethisches Fundament - soziale Fähigkeiten
Auf
der anderen Seite geht es bei der
Digitalisierung nicht allein darum, Techniken und Methoden produktiv
einzusetzen. Es geht auch darum, sie sozial und ethisch angemessen
anzuwenden. Denn auf die Normen des Datenschutzes, die alle Akteure der
Volkswirtschaft einzuhalten verpflichtet sind, müssen Schülerinnen und
Schüler so früh wie möglich vorbereitet werden. Ich möchte dies in die
sozialen Kompetenzen einordnen. Die sollten sich zwar selbstredend in schulischen Umgangsformen zeigen. Denn das fundamentalste Lernen
überhaupt ist das soziale Lernen.
Bisherige
Erfahrungen mit dem Fernunterricht zeigen, dass hier noch viel zu
tun ist und ein verbindlicher Rahmen an den Schulen bislang fehlt, der
den Schülern Orientierung gibt. Hingegen werden die zur Verfügung
gestellten Techniken häufig missbraucht, um gegen
Persönlichkeitsrechte von Schülern und Lehrern zu verstoßen.
Leider
schwinden die sozialen Fähigkeiten seit Jahren. Dazu habe ich mich in
vorangegangenen Artikeln genug geäußert. Ich möchte hier nur darauf
verweisen, dass auch hier noch viel zu verändern ist, damit Schulen
nicht
Wissensfriedhöfe ohne gesellschaftliche Anschlussfähigkeit werden.
Konsequente und zügige Aufholjagd
Von
den nötigen Kernkompetenzen ausgehend ist in logischen Schritten
konsequent und zügig für Anschluss zu sorgen. Sonst wird unsere
Volkswirtschaft, die auf hohem produktiven Niveau getaktet ist, mit
jeder neuen Absolventengeneration stärker von anderen Wirtschaftsräumen
abgehängt werden.
Problemlösefähigkeit,
soziale Kompetenzen sowie strukturiertes Denken und Handeln sind
zusammengefasst die wichtigsten Eigenschaften auf Schülerseite, um zu
einem erfolgreichen eLearner zu werden und gleichzeitig in dieser Rolle
den Anschluss an die Volkswirtschaft herzustellen - und zwar nicht nur
als Arbeitnehmer, Unternehmer oder Freiberufler, sondern auch als Mensch
an sich.