Hohe Inzidenzen - Schulöffnungen als vorsätzliche Gefährdung?

(Illustration: Syaibatul Hamdi/pixabay)

In NRW hatten sich die Stadt Dortmund, der oberbergische Kreis und der Kreis Düren entschlossen, die Schulen auf dem Hintergrund steigender Infektionszahlen und der aggressiven Mutante B.1.1.7 nicht zu öffnen, wie es die Laschet-Regierung durchsetzen will. So kam es zum Streit mit dem Landesministerium für Gesundheit und dessen Hausherrn Karl-Josef Laumann. Selbst Ministerpräsident Armin Laschet schaltete sich ein. Doch das könnte sich zum Bumerang entwickeln. Denn es ist nicht so, dass man die Gefahren nicht kennen könnte.

Klare Faktenlage

Nach den Erfahrungswerten der Forschung ist den Entscheidern klar, dass sie es mit einer Mutante zu tun haben, die erstens deutlich infektiöser und zweitens sogar tödlicher ist als der bisherige so genannte Wildtyp von SARS-COV-2.*)  Zudem sprechen die Forschungsergebnisse dafür, dass der Erreger besonders Kinder und junge Menschen deutlich stärker befällt. Das Hyperinflammationssyndrom kann bei ganz jungen Menschen zu schweren Verläufen einschließlich erhöhter Lebensgefahr führen.**)  Die spanische Grippe vor 100 Jahren wirkte in ihrer zweiten Welle nach Berichten deshalb so tödlich, weil es im Organismus offenbar zu einer solchen Überreaktion des Immunsystems kam.***)  Und dieses System ist bei jüngeren Menschen am stärksten ausgeprägt. Insofern gelang es dem damaligen Virus offenbar, den Schutzmechanismus des Körpers zu dessen Feind zu machen. Auf der anderen Seite gab es damals auch wesentlich mehr jüngere als ältere Menschen. Das ist bei uns heute umgekehrt.

Alles ist möglich

Wenn man aufmerksam internationale Berichte und Ergebnisse verfolgt, liegt der Schluss nahe, dass ganz viel zwar noch nicht abzusehen, aber sehr viel möglich ist. Allein steigende Infektionszahlen in der Fläche bieten dem Virus den Spielraum, sich immer wieder zu verändern. Damit erhöht sich naturgemäß auch die Wahrscheinlichkeit, dass es zu noch aggressiveren Formen kommt. Auf diesem Hintergrund wird jede Entscheidung für Schulöffnungen trotz hoher Infektionszahlen zum "Ritt auf der Rasierklinge", wie es News4Teachers bildhaft schreibt.****)

Irrationale Politik

In diesem Szenario Schulöffnungen per ordere mufti durchsetzen zu wollen, gegen die Faktenlage, ist tatsächlich völlig irrational.*****)  Doch kann man die Exekutive nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Im Gegenteil: Sie ist gefordert, rational gegen das Virus vorgehen, damit es nicht weiter aus der Kontrolle gerät. Wenn sie dies unterlässt, gerät sie in bedrohliches Fahrwasser. Denn dann ist es nicht mehr fahrlässig, dem Virus freien Lauf zu lassen, sondern bedingter Vorsatz. Das bedeutet, dass die Verantwortlichen in Kauf nehmen, damit viele weitere Leben und die Gesundheit der Menschen zu gefährden. Besonders derer, die zwar zu jung sind, um sich aus der Gesellschaft zurückziehen zu können, weil sie zur Schule gehen oder arbeiten müssen, aber durch die bislang bekannten Schlampereien noch keinen Impfschutz haben.

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*)        https://www.spektrum.de/news/coronavirus-variante-b-1-1-7-ist-wohl-doch-toedlicher/1847611

**)      https://www.amboss.com/de/wissen/Multisystem_inflammatory_syndrome_in_children

***)    https://www.aerzteblatt.de/archiv/197155/Spanische-Grippe-Ein-Virus-Millionen-Tote

****)  https://www.news4teachers.de/2021/03/ritt-auf-der-rasierklinge-gebauer-zwingt-stadt-mit-inzidenzwert-von-240-die-schulen-fuer-praesenzunterricht-zu-oeffnen/

*****) https://www.rnd.de/gesundheit/rki-experte-brockmann-corona-infektionszahlen-wachsen-exponentiell-lockerungen-irrational-EAS2JNQF35HT3PSMM4VCWA2VMA.html


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